Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
sehr geehrte Ratsmitglieder,
liebe Zuhörer,

ich möchte meine diesjährige Haushaltsrede mit einem einfachen Rätsel für Ratsmitglieder beginnen.
Kommt ein herunter gekommener Landstreicher in die Kneipe und bestellt eine Lokalrunde. Er lässt sich von den Gästen feiern und verschwindet danach ohne zu zahlen.
Frage: Was ist das?
Richtig! Für uns ist das Zechprellerei.
Bund und Land aber halten es für das Konnexitätsprinzip.
Zwischen dem geprellten Wirt und unserer Stadt gibt es allerdings einen gravierenden Unterschied.
Der Wirt bekommt zwar seinen verdienten Lohn nicht, ihm bleibt aber zumindest das Recht, strafrechtlich gegen den Zechpreller vorzugehen.
Uns hingegen bleibt nur das Recht, immer wieder das fehlende Konnexitätsprinzip zu beklagen, den Gürtel noch enger zu schnallen und auf Besserung zu hoffen.

In seiner Rede zur Einbringung des Haushaltes 2015 hatte der Kämmerer darauf hingewiesen, dass der im Mai gewählte Stadtrat in seiner Amtszeit erleben wird, ob die Sanierung des städtischen Haushaltes im Rahmen des Stärkungspaktes Stadtfinanzen gelingen wird.

Er hat dabei deutlich zum Ausdruck gebracht, dass er das gesteckte Ziel für erreichbar hält.
Gleichzeitig wies er aber auch auf drohendes Ungemach hin, nicht zuletzt von Seiten des sich bei uns per Umlage bedienenden Kreises Recklinghausen und des Landschaftsverbandes.

So betreibt der Kreis den zusammen mit der GPA errechneten Stellenabbau augenscheinlich nicht mit der Konsequenz wie es erforderlich wäre und dies z. B. von der Stadt Haltern vorgelebt wird.
Hierzu fehlt innerhalb der Kreisverwaltung offensichtlich der ernsthafte Wille.
Der Kreis könnte zudem durch die Herabsenkung von Standards weiteres Einsparpotenzial heben, welches dann unter dem Strich ebenfalls zu einer Entlastung der Städte bei der Kreisumlage führen würde.
Der Kreis und die kreisangehörigen Städte müssen sich als Solidargemeinschaft verstehen.
Bei der Aufstellung des Haushaltes müssen stets auch die Konsequenzen für die Anderen bedacht werden.
Im Bereich der vor Jahren hochgelobten interkommunalen Zusammenarbeit, scheint uns ebenfalls der ernsthafte Wille zu fehlen.
Wir würden uns wünschen, dass Sie, Herr Bürgermeister in der nächsten Sitzung des HFA über das bisher Erreichte berichten.

Weiteres Ungemach droht durch unsere permanent steigenden Soziallasten, ohne dass wir in irgendeiner Weise darauf einwirken könnten.

Bei der Versorgung und Unterbringung von Flüchtlingen wird das Dilemma, in dem wir uns befinden, besonders deutlich.
Das Land weist uns Flüchtlinge zu, für die wir menschenwürdige Unterkünfte und eine angemessene Versorgung sicherstellen müssen.
Das Land NRW erstattet allerdings nicht einmal 30 Prozent der uns dabei entstehenden Kosten.
In Bayern läuft das augenscheinlich anders.

Ebenso hat das Land NRW per Gesetz verfügt, dass das letzte Kindergartenjahr beitragsfrei bleiben soll. Erfreulich für junge Familien.
Ein gutes Drittel dieser Kosten bleibt allerdings bei der Stadt und damit bei den Halterner Bürgern hängen.

Das Gleiche gilt im Übrigen auch für die KiBiz-Auflagen, die von der Verwaltung erfolgreich umgesetzt wurden.
Von den Kosten, die durch die Umsetzung der Inklusion noch entstehen werden, wollen wir gar nicht erst reden.

Die Bundesregierung hat für die Entlastung der Kommunen im Sozialbereich fünf Milliarden Euro im Koalitionsvertrag vorgesehen.
Jetzt ist es an der Zeit, diesen Vorsatz auch in die Tat umzusetzen. Schließlich sprudeln die Steuereinnahmen des Bundes in einem nie zuvor gekannten Ausmaß.
Der Bundesfinanzminister plant für 2015 einen ausgeglichenen Haushalt ohne Aufnahme neuer Schulden. Wir stellen anhand der zuvor genannten Beispiele fest, auf unsere Kosten.

Bis uns also die Welle der Hilfsbereitschaft überrollt, sollten wir den eingeschlagenen, holprigen Weg zur Haushaltssanierung jedoch auf keinen Fall verlassen.

Fest steht, die Entwicklung der jährlichen Defizite unseres Haushaltes ist auf einem guten Weg.
Nur zu Beginn meiner Ratszugehörigkeit vor 14 Jahren lag das Haushaltsdefizit geringfügig niedriger als das für 2015 prognostizierte.
Wenn man sich aber vor Augen hält, dass wir noch vor 5 Jahren mit Fehlbeträgen von ca. 20 Mio. Euro zurechtkommen mussten, ist die Aussicht auf einen Fehlbetrag von „nur noch“ 3,9 Mio. Euro im kommenden Jahr zwar nicht der sprichwörtliche Sechser im Lotto, aber die Bestätigung dafür, dass wir zumindest auf dem richtigen Weg sind.

Zu diesem positiven Zwischenergebnis trägt natürlich auch der aktuelle Stellenplan mit einer um ca. 200.000 Euro höheren Einsparung bei, als es im Stärkungspakt festgeschrieben wurde.
Daher können wir auch die in der Summe ca. 14.500 Euro kostenden Stellenanhebungen mittragen.
Für das Jahr 2016 wünschen wir uns einen 5-Jahres-Plan, der die Personalentwicklung aus aktueller Sicht bis zum Ende des Stärkungspaktes im Jahr 2021 abbildet und der dabei auch die mittelfristigen Änderungen im Beigeordneten- und Dezernenten-bereich berücksichtigt.

In der HFA-Sitzung am Dienstag hat sich die Stadt von dem ehemaligen Steueramt und Stadtgefängnis in der Goldstraße getrennt.
Die vorgeschlagene Veräußerung im Wege der Erbpacht tragen wir vorbehaltlos mit, zumal ein möglicher Verkauf in keinem angemessenen Verhältnis zu der ausgehandelten jährlichen Erbpacht gestanden hätte.

Allerdings sollte möglichst zeitnah auch bei einer weiteren Immobilie der Stadt über eine Veräußerung nachgedacht werden.
Das vor etlichen Jahren gegen den Willen der WGH erworbene Gebäude Lippstraße 7-9 ist aus unserer Sicht eher eine Belastung als ein wirtschaftlicher oder städtebaulicher Rohdiamant.

Wir stellen uns vor, die Immobilie öffentlich auszuschreiben und einen Investor zu suchen, der die städtebaulichen Vorgaben in diesem Bereich umzusetzen vermag.
Denn das gutgemeinte Ziel einer Querspange von der Lippstraße zur Mühlenstraße zur Entlastung des Marktplatzes wird sich unseres Erachtens, wenn überhaupt, nur so umsetzen lassen.
Gleichzeitig würde der Verkaufserlös, oder ggfls. auch eine jährliche Erbpacht dem städtischen Haushalt zu Gute kommen.

Der Rat hat eine Arbeitsgruppe ins Leben gerufen, die sich in erster Linie mit der Unterbringung der Verwaltung nach Auslaufen des Mietvertrages in der Muttergottesstiege beschäftigen soll.
Die WGH hat gefordert, dass bis dahin frei werdende Flächen untervermietet werden, um durch die Reduzierung des Mietaufwandes zur Entlastung unseres Haushaltes beizutragen.
In dieser Arbeitsgruppe sollen auch die Möglichkeiten zur Folgenutzung freiwerdender städtischer Gebäude geprüft werden.
Wir stellen uns vor, dass aus den Erlösen die erforderlichen Investitionen für die Neu-Unterbringung finanziert werden.

Wie wir in der HFA-Sitzung am Dienstag von den Grünen vernommen haben, verlangen diese ja ab sofort, alle zum Verkauf stehenden städtischen Grundstücke öffentlich auszuschreiben und dann meistbietend zu veräußern.
Wir halten diese 180 Grad-Wende für sensationell. Als die WGH vor wenigen Monaten genau dieses Vorgehen beim Verkauf des städtischen Spielplatzes an die LiNa Genossenschaft gefordert hat, wollten die Grünen davon noch nichts wissen.
Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

Zum Schluss sei mir noch erlaubt, ein paar Sätze zu der immer wieder von der SPD geäußerten Aussage los zu werden, die Anhebung der Grundsteuer so gar nicht gewollt zu haben.
Die Anhebung der steuerlichen Hebesätze, insbesondere des Grundsteuerhebesatzes in einem Schritt auf 825 Punkte wurde vor zwei Jahren von allen Fraktionen – wenn auch zähneknirschend – aber dennoch einstimmig, also auch mit den Stimmen der SPD beschlossen.
Dass dieser Schritt vernünftig war, wird daran deutlich, dass Nachbarkommunen, die zunächst eine geringere Anhebung vorgenommen hatten, jetzt nachziehen, bzw. unsere unrühmliche Spitzenposition noch toppen müssen.

Zur Klarstellung folgendes:
Nur die WGH hatte in den letzten 10 Jahren einmal erfolglos die Senkung des Gewerbesteuer-Hebesatzes beantragt, um den Gewerbestandort Haltern am See attraktiver zu machen.
Genauso hatte die WGH auch eine Reduzierung der Zeiten bei der Parkraumbewirtschaftung von 18.00 auf 16.00 Uhr gefordert, um ein stressfreies Einkaufen zum Feierabend zu ermöglichen.
Wegen des Widerstandes aus der Kaufmannschaft war auch dieses allerdings nicht umsetzbar.
Bestrebungen aus anderen Fraktionen zur finanziellen Entlastung Halterner Bürger und Betriebe sind uns aus der jüngeren Vergangenheit nicht in Erinnerung.

Liebe Ratskolleginnen und –kollegen der SPD-Fraktion, schmücken Sie sich nicht mit Federn, die Ihnen gar nicht zustehen.
Unwahrheiten werden auch durch ständiges Wiederholen nicht zur Wahrheit.

Beenden möchte ich meine Haushaltsrede wie ich sie begonnen habe mit einem einfachen Rätsel.

Bei der vom Landstreicher zu Beginn meiner Rede bestellten Lokalrunde trinkt der Wirt selbst ein großes Bier mit.
Frage: Was ist das?
Richtig! Für uns ist das Dummheit, zumindest aber Leichtgläubigkeit.
Die SPD würde es wahrscheinlich Befangenheit nennen, schließlich hätte dem Wirt ja ein wirtschaftlicher Vorteil aus dieser Lokalrunde entstehen können.

Sehr geehrter Herr Bürgermeister, sehr geehrter Herr Meussen.
Die WGH wird der vorgelegten Haushaltssatzung mit den dazugehörigen Anlagen und dem Stellenplan zustimmen.
Von dieser Zustimmung ist natürlich die Haushaltsposition „Beitrag zum Fonds Deutsche Einheit“ genau wie in den vergangenen Jahren ausgenommen.
Dabei lassen wir uns auch nicht davon beeindrucken, dass momentan offen darüber nachgedacht wird, den eigentlich bis 2019 befristeten Soli zum Aufbau blühender Landschaften und nicht benötigter Prachtstraßen im Osten, ab 2020 zur Sanierung des maroden Westens zu verlängern oder in die Einkommensteuer zu integrieren.
Wir wollen uns nicht weiter zur Kasse bitten lassen, um dann nach Gutdünken des Bundes unser eigenes Geld als Almosen zurück zu bekommen, bzw. den Bundeshaushalt damit zu sanieren.

Wir bedanken uns ausdrücklich beim Kämmerer, Herrn Meussen, und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für die geleistete Arbeit.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit

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